Den Kompetenzbegriff verstehen

Der Kompetenzbegriff, der in den 90er Jahren heftig diskutiert wurde, hat schliesslich den Weg in die Schule gefunden (Ferrari & Baumgartner, 2021, S. 149), wie die zuvor kurz skizzierte, unmissverständliche gemeinsame Ausrichtung der Lehrpläne zeigt. Aus ethischer Sicht vermittelt dieser Begriff die Vorstellung, dass jedes Individuum erziehbar und zu Fortschritten fähig ist" (Meirieu, 2005, S. 19).

Die Verwendung des Kompetenzbegriffs in der Bildung und Erziehung von SuS ist von Natur aus ambivalent, wie die zahlreichen Definitionen des Begriffs im Wörterbuch belegen und hat sich schliesslich auf weitgehend anerkannte Merkmale vereinheitlicht.

Ubaldi (2005) fasst die Elemente der Kompetenz wie folgt zusammen: jede Handlung, die zweckgebunden (unter Berücksichtigung bestimmter Einschränkungen), effektiv (Wirkung erzielend), beobachtbar und beurteilbar ist, durch Lernen erworben wurde und in ähnlichen Situationen wiederholt werden kann (S. 66). Darüber hinaus betonen zahlreiche Autorinnen und Autoren, darunter Gottsmann und Delignières (2016), die Notwendigkeit, Ressourcen unterschiedlicher Art zu mobilisieren, um kompetent zu handeln.

Die Ressourcen, von denen hier die Rede ist, sind unterschiedlicher Art. Der Einfachheit halber werden sie häufig in drei Dimensionen unterteilt: Wissen (Kenntnisse), Können (Fähigkeiten und Fertigkeiten) und Wollen (Einstellungen und Haltungen). Auch die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten sollen als Dimensionen der Kompetenz beigezogen werden (Ferrari & Baumgartner, 2021, S. 149).

Im Bewegungs- und Sportunterricht führt der notwendige Körpereinsatz in den Lernsituationen dazu, dass die SuS Ressourcen im Zusammenhang mit der Motorik aufbauen und nutzen:

  • Motorische Basiskompetenzen (Herrmann, 2018): sich in verschiedenen Umgebungen bewegen (laufen, springen, balancieren, usw.) oder etwas bewegen (Ball, Reifen, Springseil, usw.),
  • Eine gezielte sportorientierte Motorik, welche aus technischen Fertigkeiten besteht - allgemeiner als soziale Referenzpraktiken bezeichnet (Martinand, 1989) -, wie etwa ein hohes Zuspiel beim Volleyball, eine Rolle am Boden, das Überwinden von Hürden oder auch das Kraul-Schwimmen.

Ein kompetenzorientierter Unterricht beruht auf mehrere allgemein anerkannten Eckpfeiler (Meirieu, 2005; Delignières & Garsault, 2004; Feindt & Meyer 2010; Molinari, Catillaz & Grossrieder, 2019) und soll:

  • die SuS in eine authentische und aktivierende Lernsituation bringen.
  • eine Herausforderung, eine Problemsituation definieren, die SuS einen entscheidenden Fortschritt in Richtung angestrebter Kompetenz ermöglicht.
  • nötige Ressourcen mobilisieren, die zusammen mit den bereits verfügbaren Ressourcen zu einem Fortschritt verhelfen.
  • offene Aufgaben anbieten, die es den SuS ermöglichen, selbstständig zu handeln und Entscheidungen zu treffen.
  • die kognitive Aktivierung der SuS während und am Ende des Lernprozesses fördern (reflexives Vorgehen, Metakognition).
  • die Aktivität der SuS während des gesamten Lernprozesses formativ begleiten, um ihnen zu helfen, sich der erzielten Fortschritte bewusst zu werden und die nächsten Schritte zu visualisieren und zu initiieren.

Eine Schülerin oder ein Schüler handelt im Bewegungs- und Sportunterricht kompetent, wenn sie oder er:

  • sich motorisch und sozial in allen in der Aufgabe vorgesehenen Rollen engagiert;
  • ihre oder seine Ressourcen mobilisiert, um selbstständig zu handeln, oder übt, um sie zu erwerben;
  • ihre oder seine Meinung, Beobachtungen und Lösungen versteht und sich darüber mit anderen austauscht;
  • regelmässige Fortschritte macht und schliesslich die angestrebte Kompetenz(-stufe) erreicht.