Lehr-Lern-Sequenzen

Der kompetenzorientierte Ansatz im Bewegungs- und Sportunterricht erfordert die Arbeit mit langen Unterrichtssequenzen (CIIP, 2010; Voisard, Ferrari, Poussin, Deriaz & Lüthy, 2021), da sonst das Phänomen des "ewigen Einsteigers" fortgesetzt wird, welches allzu oft die Schullaufbahn der SuS im Bewegungs- und Sportunterricht kennzeichnet (Pineau, 1992). Die Abbildung 1 zeigt die Struktur der von uns empfohlenen Sequenzen im Sinne der konstruktivistischen Logik des kompetenzorientierten Ansatzes.

Modellierung der Lernsequenz nach dem kompetenzorientierten Ansatz Abbildung 1 – Modellierung der Lernsequenz nach dem kompetenzorientierten Ansatz

Diese Vorgehensweise sieht eine Abfolge von Anwendungs- und Lernsituationen vor, welche als grundlegend für die Erreichung der im Unterrichtsprojekt angestrebten Kompetenz(en) identifiziert wurden. In der integrativen Perspektive des kompetenzorientierten Ansatzes ist es wünschenswert, dass der Einstieg der SuS in das Projekt über komplexe Situationen erfolgt, die den Erwerb und/oder die Mobilisierung mehrerer Ressourcen unterschiedlicher Art (motorisch und sozial) erfordern. Diese komplexen Situationen, die als proximale Aufgaben bezeichnet werden, d. h. als Lernsituationen, die der Referenzsituation nahekommen, fordern die SuS zu einer authentischen Aktivität auf, die jedoch gleichzeitig durch didaktische Anpassungen vereinfacht wird. Es handelt sich um eine Situation, die sich an Herausforderungen der Sportart orientiert, sowie Sicherheitsaspekte berücksichtigt (z. B. eine Spielsituation mit drei gegen drei im Basketball). Diese komplexen Situationen können sich jedoch als unzureichend erweisen, um die erwarteten Lernerfolge, bzw. den Kompetenzzuwachs bei den SuS hervorzurufen. Es empfiehlt sich darum den SuS sogenannte spezifische, zielgerichtete Aufgaben anzubieten. Diese streben nicht mehr nach dem ursprünglichen Sinn der Tätigkeit, sondern ermöglichen eine Fokussierung auf ein bestimmtes Problem/eine bestimmte Ressource (z. B.: Üben des Ballwurfs aus dem Lauf im Basketball). Dieser Ansatz findet sich unter verschiedenen Bezeichnungen in der Fachliteratur wieder: z. B. Doppelschleife (Ubaldi & Olinger, 2006); GAG-Methode (Bucher & Karl, 1997, S. 13) oder TGfU (Griffin & Butler, 2005).

Eine solche Vorgehensweise geht idealerweise mit variantenreichen Interventionen einher. In komplexen Situationen macht es für die Lehrperson Sinn, den SuS genügend Zeit zu geben, damit sie sich die Regeln und Anforderungen der Aufgabe aneignen können und, um sich selbst der Rolle des Beobachters oder der Beobachterin widmen zu können. Die SuS werden aufgefordert, die Lösung dieser Problemsituation selbst an die Hand zu nehmen, indem sie abwechselnd Zeiten der motorischen Aktivität und Zeiten des Austauschs von Ideen nutzen (Deriaz, Poussin & Gréhaigne, 1998). Während dieser Zeit des Austauschs, unter eventueller Mithilfe der Lehrperson, suchen die SuS verschiedene Lösungsvorschläge, die dann in weiteren aktiven Phasen getestet werden, um diejenigen, die sich als wirksam erweisen, anzuwenden. Im Einverständnis mit der Lehrperson kann dann die erarbeitete Lösung als erfolgreiches Resultat der Lernphase validiert und gesichert werden (Abbildung 2).

Interventionsmodell in einem konstruktivistischen Ansatz Abbildung 2: Interventionsmodell in einem konstruktivistischen Ansatz (Lenzen & Poussin, 2019)

Bei den spezifischen, zielgerichteten Aufgaben (Abbildung 1) hingegen wäre ein stärker vermittelnder Unterricht angemessener. Nachdem die Aufgabe vorgestellt wird, würde die Lehrperson den SuS die Vorgehensweise mündlich erklären und/oder demonstrieren (oder demonstrieren lassen), um anschliessend ihre Bewegungsaktivität zu begleiten und diese bei Bedarf anzupassen (Lenzen & Poussin, 2019).